( 8 ) Streuobst
Viele der früher landschaftsprägenden Streuobstbestände sind heute durch die Ausdehnung der Baugebiete und landwirtschaftliche Veränderungen verschwunden.
Der am Wegrand befindliche Streuobstbestand ist etwa 100 Jahr alt, es wachsen hier alte Sorten, die auch das Klima der Rhön vertragen.
Alte hochstämmige Obstbäume gehören zu den artenreichsten Lebensräumen für vielerlei Kleintiere. Denn durch den Wechsel von Licht und Schäften, von dünnem Kronengeäst, dickem Stamm- und Wurzelnetz besitzen sie eine kaum zu überbietende Strukturvielfalt insbesondere, wenn auch Altholz mit Schlitzen und Astlöchern belassen wird.
In solchen Baumhöhlen nisten dann z.B. Grünspecht, Wendehals und Gartenrotschwanz. Leider ist der früher nicht seltene Wiedehopf aus der Gegend verschwunden, aber Fledermäuse, wie z.B. der große Abendsegler, nehmen gerne in den Höhlen alter Obstbäume Sommerquartier und finden ein reichliches Nahrungsangebot.
Die Zahl der Insektenarten, welche hochstämmige Obstbäume als "Lebensraum in mehreren Etagen" nutzen, ist kaum abschätzbar. Zu den nützlichsten gehören die Honigbienen. Ihre Befruchtungsleistung kann nicht hoch genug gewertet werden, so wurde z.B. bei Äpfeln durch Bienenbestäubung ein Mehrertrag von 86 % nachgewiesen.
Wer gerne echten Imkerhonig oder frisches Obst isst, weiß den Wert ungespritzter Zwetschgen, Kirschen, Äpfel und Birnen zu schätzen.
Zur Schönheit von Obstbäumen hat der Dichter Hermann Claudius die Worte gefunden:
"Und ist kein frömmeres Gebet, als wenn ein Baum in Blüte steht".
( 9 ) Flachs (= Lein)
Lein gehört zu den ältesten Kulturpflanzen, schon seit ca. 5.000 Jahren, der Steinzeit, ist er in Mitteleuropa nachgewiesen. Gerade in der Rhön und Vorrhön muss der Flachsanbau im späteren Mittelalter und bis um 1800 herum noch sehr verbreitet gewesen sein.
Zur sommerlichen Blütezeit war das Blau der Leinfelder wohl ähnlich landschaftsbestimmend wie heute die gelbe Rapsblütenpracht.
Flachs galt früher als das einträglichste Produkt der Gegend, er war aber auch sehr arbeitsintensiv. Ungefähr 16 Arbeitsgänge waren nötig: Säen, Einernten, Raffen, Rösten, Bleichen, Dörren, Bläuen, Brechen, Schwingen, Hecheln, Spinnen, Kochen, Weben, Tuchbleichen, Walken, Mangen.
Vielerlei Details und Tricks musste man beherrschen, angefangen von der richtigen Sortenwahl und Aussaatzeit bis hin zur winterlichen Verarbeitung, wenn man gutes Leinen erzeugen wollte.
In Untererthal wurde bis 1925 neben Erbsen und Linsen und gelegentlich etwas Hanf noch Flachs angebaut. Die heute beliebten Leinsamen waren früher eher ein Nebenprodukt, aber um einer Kuh das Abkalben zu erleichtern, wurde ihr 14 Tage lang zum Futter frisch gekochter Leinschleim verabreicht.
Der Flurname "Flachsacker" hat sich als Straßenname des Untererthaler Neubaugebietes erhalten.
( 9 a ) Ackergewanne - Flurnamen
Die Untererthaler Flur war durch die hier übliche Realteilung sehr stark zersplittert. Es war keine Seltenheit, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 10 ha Fläche mehr als 80 Teilstücke hatte.
Durch die Flurbereinigung, die in der Zeit von 1956 bis 1963 durchgeführt wurde, konnte die Flur so geordnet werden, dass alle Grundstücke durch Wegebau und Anlegen von Aufwandwegen von beiden Seiten erschlossen sind.
Flurnamen, die teilweise aus der vorkommenden Bodenformation (Rotenacker -roter Tonboden) oder durch Bezeichnungen, die für die Äcker und Wiesen des Erthalschen Hofes, sogenanntes "Hoffeld" verwendet wurden, haben sich bis jetzt erhalten. Ein Teil kleinerer Flurnamen sind durch das Zusammenlegen im Zuge der Flurbereinigung nicht mehr gebräuchlich. Flurnamen wie "Häßlich", abgeleitet von niedrigem Buschwald und Viehweide, oder "Hahn", abgeleitet von Hegen oder umzäuntes Land, sind bis jetzt erhalten.
Alte Feldmaße: Heinrich Ullrich erwähnt bei seiner Ortschronik verschiedene früher ortsübliche Maßeinheiten:
1 Fuldaer Schuh hatte 28,5 cm
2 Schuhe waren eine Elle oder 57 cm
12 Fuldaer Schuhe waren 1 Rute (3,42 m)
1 Quadratrufe war 11,70m²
160 Quadratruten waren 1 Morgen (1.872 m²)
1 Tagwerk war 1.000 Dezimalen = 3.400 m²
1 Morgen waren in Untererthal 640 Dezimalen (2.176 m²) in Hammelburg 550 Dezimalen (1.870 m²)
Heute gilt:
Die Fläche der Gemarkung Untererthal beträgt 1.154 ha.
( 9 b ) Ackerwildkräuter
Für die Zusammensetzung der Ackerwildkraut-Lebensgemeinschaften spielen neben Klima und Boden die Bewirtschaftungsfaktoren eine entscheidende Rolle.
Für den Landwirt ist es deshalb sinnvoll, durch Fruchtwechsel und durch Zwischensaaten mit Gründüngungspflanzen das Überhandnehmen einzelner lästiger Unkrautarten einzudämmen. Trotzdem - um ökonomisch wirtschaften zu können, sind fast alle Landwirte auf Intensivackerbau mit Herbizid-Einsatz und hohen Düngergaben angewiesen.
Dies hat zur Folge, dass viele der früher häufigen Ackerwildkrautarten stark zurückgegangen oder gar verschwunden sind.
Wer vermisst nicht manchmal die Schönheit der mit Kornblumen, Ackerrittersporn und Mohn durchsetzten Getreidefelder?
Auch sehr nützliche Wildpflanzen, wie die vielfältig heilsame Echte Kamille oder den im Frühling Vitamine spendenden Feldsalat (Schafmäulich) konnte man früher unbedenklich von Äckern ernten.
Einige sehr seltene, vom Aussterben bedrohte Ackerwildkräuter konnten in Einzelexemplaren noch in den letzten Jahren auf Untererthaler Äckern gefunden werden, z.B. Sommeradonisröschen, Gelber Günsel, Ackerhaftdolde, Wilder Ackerkohl, Breitblättrige Wolfsmilch, Eiblättriges Tännelkraut.
Um trotz der notwendigen jährlichen Standortzerstörung durch den Pflug überleben zu können, haben die Ackerunkräuter oft raffinierte Verbreitungs- und Fortpflanzungsstrategien entwickelt. Die meist einjährigen Pflanzen überwintern als Samen. Diese können oft Jahrzehnte und länger überleben, bis sie eines Tages Chancen zum Keimen bekommen.
Manche Arten sichern ihren Bestand durch Massenproduktion, so kann z.B. eine einzige Hirtentäschelpflanze bis zu 60.000 Samen erzeugen.
Andere Samen sind mit speziellen Schleuder- (Reiherschnabel), Streu-(Mohn), Haft- (Haftdolde) oder Flug- (Ackergreiskraut) Mechanismen ausgestattet.
( 9 c ) Landwirtschaft
Jahrhundertelang war Untererthal ein Bauerndorf, wo es kaum einen Hof ohne Äcker und Wiesen, Kühe, Kälber, Schweine, Ziegen, Schafe, Hühner, Gänse, Enten und Kaninchen gab.
Frühmorgens ertönte der Weckruf der Hähne, stolz führte der Gänse"korporal" seine Herde durchs Dorf.
Krass sind die Veränderungen der letzten Jahrzehnte, Ertragssteigerungen sind notwendig, Großgeräte müssen die nicht mehr bezahlbare menschliche Handarbeit ersetzen.
Die harten wirtschaftlichen Wettbewerbsbedingungen lassen Träumereien von ländlicher Romantik nicht mehr zu.
Trotzdem ist es weiterhin die hoch zu honorierende Leistung der wenigen noch verbliebenen Landwirte, die Landschaft zu pflegen und das Bild der uns lieb gewordenen heimatlichen Kulturlandschaft zu erhalten.
Nach dem Motto "Mensch und Natur gehören zusammen" sind Kulturlandschaft und natürliche bäuerliche Lebensgrundlagen
unzertrennliche Begriffe.
Der langfristige Fortbestand von bäuerlicher Landwirtschaft ist nur denkbar, wenn die Erfordernisse eines stabilen Naturhaushalts und die einzelbetrieblichen wirtschaftlichen Notwendigkeiten eng miteinander verknüpft werden.
( 10 ) Quellen
Von der langen Liste der früher um Untererthal bekannten Quellen:
sind nur noch der Leitenbrünn und das Talbrünnlein bekannt und gepflegt.
Quellen waren bei unseren Vorfahren Ansatzpunkte der In-Kulturnahe des Landes. Zu vielen Quellen wurden mythologische Bindungen geknüpft, sie waren heilig und vermittelten den Bezug zur Heimat; das Technologie-Zeitalter hat sie zum Vergessen gebracht, viele wurden vergraben.
Als Erzeuger von sauberem Trinkwasser nehmen Quellen eine wichtige Stellung im Naturhaushalt ein. Außerdem sind sie aber auch Standort für ganz besondere Lebensgemeinschaften. Durch die kühle, nahezu jahreszeitlich unabhängig gleichmäßige Wassertemperatur lebt hier eine spezielle Quellfauna (Schnecken, Wasserinsekten). Am Austritt siedelt sich eine wiederum spezielle Quellflurvegetation an.
Am Quellgraben des Leitenbrünn wächst u.a. Wasserstumpfdeckelmoos, Brunnenkresse, Sumpfdotterblume, Kohldistel und roter Wiesenknopf.
(10 a ) Leitenbrünn (Elchsee)
Das "Leitenbrünnle" entspringt aus einem quelligen Gebiet entlang des Hahngrabens mit dem Flurnamen "An der Leite".
Früher war das Leitenbrünnle Wasserspender für die angrenzenden "Länner" (Gärten).
Seit Jahren war das Gebiet um den Leitenbrünn Treffpunkt der Jugendlichen aus dem Dorf.
Um diesen Platz attraktiver zu gestalten, errichteten einige junge Burschen (die "Erthler") im Jahre 1991 eine Brücke aus Bruchsteinen mit einem Geländer aus Eichenholz, die den Hahngraben nahe dem Leitenbrünnle überspannt.
Ein Jahr später, 1992, wurde von den Jugendlichen aus dem Stadtteil die Quelle des Leitenbrünn mit behauenen Steinen neu gefasst und mit Jahreszahl und Wappen versehen.
Das aufgestaute Wasser des Leitenbrünn nannten die Jugendlichen "den Elchsee".
So hat die Jugend den schon lange bestehenden Treffpunkt nicht nur optisch aufgewertet, sondern auch mit dem Zugang zu den dort aufgestellten Ruhebänken um den "Elchsee" einladender gestaltet und ist seitdem Ort des jährlich im Sommer stattfindenden "Elchsee-Festes".
( 10 b ) Harbach
Im Harbach (Horbich) sammelt sich das Wasser aus der nordöstlichen Talmulde und fließt mitten durchs Dorf - heute unterirdisch - der Thulba zu.
Die Wasserführung der Horbich ist sehr ungleichmäßig, früher richtete der Bach häufig Schaden an. Z.B. wurden durch wolkenbruchartigen Starkregen in den Jahren 1920, 1926 und 1928 Ställe, Keller und Dorfstraße knie- bis hüfthoch überschwemmt.
Auch 1953 wurde durch mehrere schlimme Unwetter sehr viel Schlamm, Lehm und Geröll ins Dorf getragen. 1955 wurde dann innerhalb des Dorfes (vom "freien Platz" bis zur "Tränk") für den Harbach eine Verrohrung gebaut.
Der offen fließende Bach oberhalb des Dorfes bildet mit seinen Hecken und Feldgehölzen ein wertvolles Biotop: Vielerlei Vogelarten wie Goldammer, Grasmücken, Zilpzalp und Bachstelzen fühlen sich hier wohl.
Insbesondere die Nachtigall bevorzugt diesen Bereich. Ihr klarer ausdrucksvoller Gesang ist in lauen Mainächten zu hören.
Zu den Gehölzen an der Horbich gehören neben den einheimischen Baumarten wie Esche, Erle, Eiche, Linde, Kirsche und Weide auch fremdländische Pappelarten. Insbesondere die italienische Säulenpappel (Napoleonspappel) sollte wegen ihres brüchigen Astwerks und der schlechten Alterung nach und nach ersetzt werden.
( 10 c ) Schautafel "Einheimische Singvögel"
erstellt durch den Obst- und Gartenbauverein.
( 11 ) Schafhaltung in Untererthal
Seit 1691 gibt es in Untererthal eine Schäfereigenossenschaft, deren Aufgabe es war, die gemeinsame Schafhütung zu regeln.
Bis 1937 war dafür ein Schäfer fest angestellt. Jeden Morgen ertönte sein Pfiff zum Sammeln der Herde.
Durch Schafbeweidung wurden auch weniger ertragreiche Standorte genutzt, es haben sich dort Heiden, Wacholdertriften und Halbtrockenrasen entwickelt, die oft sehr reizvoll und durch ihre hohe Artenvielfalt erhaltenswert sind.
Triebwege waren notwendig, um die Herde von empfindlichen Nutzflächen abzuhalten. Heute ist der sogenannte Trieb ein naturbelassener Bereich mit schönen Feldrainen und alten Streuobstbeständen und wichtiges Rückzugsgebiet von Vögeln und Niederwild.
Zwischen Obstbäumen wachsen Weißdorn, Schlehen, Holunder und Wildkirsche. Ruhebänke laden zum Verweilen ein. Wenn man Glück hat, kann man dort auch sonst seltene Tiere entdecken, z.B. die zierliche Zwergspitzmaus, das kleinste Säugetier Mitteleuropas mit nur 3 - 7 g Körpergewicht.
In den letzten Jahrzehnten ging die Schafhaltung in Untererthal ständig zurück, 1980 gab es im Dorf kein einziges Schaf mehr, obwohl sich die Schäfereigenossenschaft wegen komplizierter Rechtsverhältnisse nur schwer auflösen kann.
Seit einigen Jahren werden wieder Schafe gehalten, jedoch eher als Hobby und mittels der weniger arbeitsaufwendigen Koppelhaltung.
Auch Koppelschafhaltung kann in Ortsnähe der Landschaftspflege dienen, wenn man sich an die von der Natur vorgegebene Besatzdichte hält.
( 11 a ) Die "Häad" (Sportplatzwäldchen)
Die Schäfereigenossenschaft kaufte 1890 die abgeholzte Fläche am Steinbruch und besitzt sie bis heute.
Viele noch vorhandene Wacholderbüsche bezeugen die ehemalige Nutzung als Schafweide.
Die in das Wäldchen einbezogenen Flächen des alten Sportplatzes und des Hundezuchtvereins sind verpachtet und dienen der Freizeitnutzung.
Für den Naturhaushalt ist das Gehölz vor allem deshalb wertvoll, weil seine Ränder zu den seltenen bodensauren Magerrasen-Vegetationskomplexen gehören.
Ginster und Heidekraut, Schafschwingel, Öhrchenhabichtskraut, Echter Ehrenpreis und Zypressenwolfsmilch sind auf die Nährstoffarmut dieses Standorts angewiesen, werden jedoch mehr und mehr von Kiefernsämlingen und Birkenaufwuchs unterdrückt oder durch die angrenzenden Äcker aufgedüngt.
Früher, als es hier noch weitläufigere offene Heideflächen gab, konnte man an diesem romantischen Fleckchen Erde den schönen Gesang der Heidelerche "Lulu lulu" hören. Die Heidelerche steht heute auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten.
Durch fachgerechte Entbuschungsmaßnahmen könnte auch an der "Häad" vielen seltenen Arten geholfen werden.
An der Zypressenwolfsmilch ist manchmal die leuchtend bunte Raupe des Wolfsmilchschwärmers zu finden.
( 12 ) Sportplatz und Sportheim
Sportplatz - erbaut 1969, Sportheim mit Duschräumen, Umkleidekabinen und Gastraum - 1972 eingeweiht. Die Gesamtanlage ist im Besitz des FC Viktoria.
Nur durch Spenden, Hilfe von Freunden, Gönnern und zahlreiche ehrenamtlich tätige Mitglieder konnten diese beiden Maßnahmen verwirklicht werden. Die Erweiterung und Sanierung des Sportheimes erfolgte 1998.
( 12 a ) "Erthal-Halle"
Die Erthal-Halle wurde nach zweijähriger Bauzeit mit unzähligen freiwilligen Arbeitsleistungen und enormen Spenden aus der Bevölkerung im April 1979 fertiggestellt und eingeweiht.
Sie ist sportlicher und kultureller Mittelpunkt des Stadtteils.
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